Die abgeschiedene bzw. freigesetzte Stoffmenge ist proportional der umgesetzten elektrischen Ladung.
Die durch einen Stromfluss \(I\) transportierte Ladungsmenge ergibt sich bei zeitlich konstantem Stromfluss zu
\begin{equation}
Q = I \cdot \Delta t
\end{equation}
Für elektrochemische Stoffumsätze gilt demnach:
\begin{equation}\label{eqFaraday}
I \cdot \Delta t = z_{\rm e} \cdot \Delta n_{\rm eq} \cdot F .
\end {equation}
Hierin ist \(z_e\) die Zahl der im elektrochemischen Prozess aufgenommenen (Reduktion) bzw. abgegebenen (Oxidation) Elektronen, \(n_{\rm eq}\) das stöchiometrische Äquivalent eines Stoffes, also die Stoffmenge \(\Delta n_i\) des gebildeten Stoffes \(i\) geteilt durch den stöchiometrischen Koeffizienten \(\nu_i\) des betrachteten Stoffes \(i\) in der Umsatzgleichung: \(n_{\rm eq}=\frac{n_i}{\nu_i}\).
Bei einem molaren Formelumsatz gemäß
\begin{equation}\label{eqElektrolyse1}
\ce {H2O -> H2 + 1/2 O2}
\end {equation}
ist \[\Delta n_{\ce H2} = 1\;{\rm mol};\] \[\Delta n_{\ce O2} = 1/2\;{\rm mol}.\] \(\Delta n_{\rm eq}\) für \(\ce{O2}\) ist aber gleich 1 mol, da wir durch 1/2 teilen, was ganz dasselbe ist wie mit 2 multiplizieren.
\(z_e\) hängt von der Formulierung der Reaktionsgleichung ab. Wird die Wasser-Elektrolyse formuliert wie in Gl. \ref{eqElektrolyse1}, so ist offenbar \(z_e=2\), denn es werden 2 Wasserstoffatome reduziert und 1 Sauerstoffatom wird oxidiert.
Schreiben wir statt dessen
\begin{equation}\label{eqElektrolyse2}
\ce {2 H2O -> 2 H2 + O2,}
\end {equation}
dann ist \(z_e=4\). Dann sind aber auch die \(\nu_i\) doppelt so groß, so dass sich insgesamt derselbe Umsatz ergibt. Es wird empfohlen, lieber die Gl. \ref{eqElektrolyse1} zu verwenden.
Die Faraday-Konstante \(F\) ist als Ladung von 1 mol Elektronen aufzufassen. Sie kann bei der Elektrolyse von Wasser aus dem abgeschiedenen Volumen an Sauerstoff bzw. Wasserstoff ermittelt werden, wenn zusätzlich die Stromstärke, die Zeit und die Temperatur bekannt sind.
\(\Delta V_{i}\) ist die Zunahme des Volumens für das Gas i (Wasserstoff
bzw. Sauerstoff).
Setzen wir dies in Gl. \ref {eqFaraday} ein, so erhalten wir
\[
I \cdot \Delta t = z_e F \; \frac {p \Delta V_{i}}{\nu_i RT}.
\]
bzw.
\begin{equation} \label {eqFaraday2a}
\Delta V_{i} = \textcolor{blue}{\frac { \nu_i \cdot I \cdot R \cdot T}{z_e p F }} \cdot \Delta t .
\end {equation}
Tragen wir \(\Delta V\) über \(\Delta t\) auf, so erhalten wir eine Gerade, deren Steigung m die Faraday-Konstante enthält.
\begin{equation} \label{eqFaraday3}
m = \textcolor{blue}{\frac { \nu_i \cdot I \cdot R \cdot T}{z_e p F }} .
\end {equation}
Die nach \(F\) aufgelöste Gleichung \(\ref{eqFaraday3}\) erlaubt die Bestimmung der Faraday-Konstanten.
Beachten Sie, dass die stöchiometrischen Koeffizienten \(\nu_i\) sowie die Zahl der Elektronen \(z_e\) von der Formulierung der Reaktionsgleichung abhängen!
Die Formulierung der Reaktionsgleichungen für die Teilprozesse (Ox und Red) hängen vom verwendeten Medium ab. Das Wasser muss zur Elektrolyse leitfähig gemacht werden, dies erfolgt durch Zugabe von entweder \(\ce{H2SO4}\) (saure Bedingungen) oder NaOH (basische Bedingungen).
Für saure Bedingungen wird der Wasserstoff in \(\ce{H3O^+}\) reduziert und der Sauerstoff in \(\ce{H2O}\) oxidiert.
Durchführung
Das Experiment wird mittels eines Wasserzersetzungsapparates nach Hofmann ausgeführt. Der Aufbau ist in der Abb. 1 gezeigt. Die Stromstärke wird mittels eines Multimeters bestimmt, das in Serienschaltung in den Stromkreis integriert ist. Die Gasauffangröhren weisen eine Skalierung auf, so dass das freigesetzte Gasvolumen bestimmt werden kann.
Sie benötigen zusätzlich eine Stoppuhr zur Messung der verstrichenen Zeit.
Gehen Sie wie folgt vor:
Schalten Sie die Spannungsversorgung ein und drehen Sie die Spannung langsam hoch, bis der fließende Strom lt. Amperemeter \(I=200\;{\rm mA}\) beträgt. (Achtung: es kommt nicht so sehr darauf an, dass der fließende Strom möglichst genau 200 mA beträgt. Es können zum Beispiel auch 188 mA oder 212 mA sein. Wichtig ist vor allem, dass Sie den Wert des fließenden Stromes kennen.) Schalten Sie den Hauptschalter der Spannungsversorgung wieder aus und warten Sie, bis die Gasblasen die Flüssigkeit verlassen haben.
Notieren Sie das Gasvolumen \( V_0\) in beiden Gasauffangröhren. Dieses Volumen \(V_0\) müssen Sie später von Ihren Messwerten abziehen.
Schalten Sie die Spannungsversorgung wieder ein und lassen Sie für ca. zwei Minuten den Strom fließen. Zur Messung des gebildeten Gasvolumens schalten Sie die Spannungsversorgung aus, notieren die genau Zeit \(\Delta t\) im Moment des Ausschaltens und warten, bis die Gasblasen die Flüssigkeit verlassen haben. Notieren Sie stets das Volumen in beiden Röhren.
Führen Sie Messungen durch, bis Sie ein Volumen von ca. 40 mL Wasserstoff erzeugt haben. Sie sollten am Ende Ihrer Messungen eine dreispaltige Tabelle haben, die die Zeiten \(\Delta t\) und die jeweils zugehörigen Volumina in der Wasserstoffröhre und der Sauerstoffröhre enthält.
Messen Sie die Temperatur im Niveaugefäß.
Achten Sie darauf, dass der Höhenunterschied zwischen dem Flüssigkeitsspiegel im Niveaugefäß und in den Auffangröhren annähernd gleich bleibt; ändern Sie nötigenfalls die Höhe des Niveaugefäßes.
Auswertung
Formulieren Sie die bei der Wasserzersetzung relevanten (Halb-)Reaktionsgleichungen an der Anode und an der Kathode für saures Medium! Achten Sie darauf, dass in beiden Halbreaktionen die gleiche Zahl von Elektronen auftreten muss. Bei den Reaktionsgleichungen der Halbreaktionen dürfen keine \(\ce{OH-}\)-Ionen auftreten, da diese in saurem Medium nicht existieren.
Fassen Sie die beiden Reaktionsgleichungen zu einer Gleichung zusammen. Wieviele Elektronen werden je Formelumsatz benötigt? In welchem Verhältnis werden die Volumina von Wasserstoff und Sauerstoff gebildet? Welches sind die stöchiometrischen Koeffizienten \(\nu_{O_2}\) und \(\nu_{H_2}\)?
Nutzen Sie Gl. \ref{eqFaraday2a} und tragen Sie die korrigierten Volumina \(V(\Delta t)-V_0\) in m\(^3\) als Funktion der Zeit \(\Delta t\) in Sekunden auf. Sie sollten in guter Näherung eine Gerade erhalten. Bestimmen Sie aus der Steigung entsprechend Gl. \ref {eqFaraday2a} die Faraday-Konstante. Setzen Sie hierzu den Strom in Ampere gemäß Ihrer Messung ein, verwenden Sie als Temperatur die Temperatur im Niveaugefäß, welche näherungsweise gleich der Temperatur in der Gasphase gesetzt wird, und nehmen Sie als Druck 100500 Pa an (Im Labor herrscht ein leichter Unterdruck). Addieren Sie zu diesem Druck den Staudruck, der sich aus der Höhendifferenz des Flüssigkeitsspiegels in Niveaugefäß und Auffangröhre ergibt.
Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem Literaturwert.
Bestimmen Sie den statistischen (zufälligen) Fehler der Faraday-Konstante! Nutzen Sie hierzu die Gesetze der Fehlerfortpflanzung.
Welcher zusätzliche Druck lastet auf den Gassäulen durch die Füllstandshöhe des Flüssigkeitsaufnahmegefäßes? Wieviel % des Gesamtdrucks macht dies aus? Ist der Fehler relevant oder nicht? Was können Sie tun, um den Fehler zu minimieren?
Fehlerrechnung
Ist \(m\) die Steigung der Ausgleichsgeraden durch die gemessenen Datenpunkte und \(\Delta m\) der Fehler der Ausgleichsgeraden, dann gilt (vgl. Gl. \ref{eqFaraday3}):
\[m = \frac{k}{F} \]
\[ \frac{\diff m}{\diff F} = -\frac{k}{F^2}\]
\[ \diff m = - \frac{k}{F^2}\; \diff F \]
\[\left| \Delta m \right| = \frac{k}{F^2} \; \left|\Delta F \right| \]
Wir lassen die Betragsstriche der Bequemlichkeit wegen weg:
\[ \frac{\Delta m}{m} = \frac{\frac{k}{F^2}\Delta F}{\frac{k}{F}} = \frac{\Delta F}{F}\]
\[ \delta m = \delta F\]
\[ \Delta F = \delta F \cdot F. \]
Ist die Versuchsdurchführung genau genug erklärt? Steht Überflüssiges in der Skripte? Sollte der Zersetzungsapparat näher erklärt werden? Teilen Sie der Praktikumsleitung Ihre Auffassung mit!
Autoren und Revisionen:
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