Aufnahme des Infrarot-Absorptionsspektrums von Luft bei unterschiedlichem \(\ce{CO2}\)-Gehalt.
Aufnahme des Infrarot-Absorptionsspektrums trockener Atemluft.
Ermittlung des \(\ce{CO2}\)-Gehaltes von Atemluft unter Nutzung des Lambert-Beerschen Gesetzes.
Grundlagen
\(\ce{CO2}\) in der Atemluft.– \(\ce{CO2}\) ist eines der Endprodukte in der Atmungskette höherer Organismen. Es ist daher in der ausgeatmeten Luft in höherer Konzentration enthalten als in der eingeatmeten Luft.
Der mittlere Gehalt an \(\ce{CO2}\) in der Atmosphäre beträgt derzeit ca. 400 ppm (0,4 Promille) und ist wegen der Verbrennung fossiler Energieträger im Steigen begriffen.
Im Innenraumbereich kann die \(\ce{CO2}\)-Konzentration deutlich höher sein. Selbst im Freien ist in Bodennähe eines Konzentration von 700 ppm üblich. Der Anteil des \(\ce{CO2}\) in ausgeatmeter Luft hängt stark davon ab, wie langsam ausgeatmet wird, wie lange also die Atemluft in der Lunge verbleibt. Der typische Gehalt liegt zwischen 2% und 6%.
Das Lambert-Beersche Gesetz in der Gasphase.– \(\ce{CO2}\) kann in der Gasphase anhand seines Infrarot-Absorptionsspektrums nachgewiesen und quantitativ bestimmt werden.
Notwendige Grundlagen zur quantitativen Analyse von Photoabsorptionsprozessen können der Praktikumsskripte zum Versuch S11 entnommen werden. Hier wird nur das Lambert-Beersche Gesetz in der für Absorptionsprozesse in der Gasphase üblichen Form angeführt:
\begin {equation} \label{eqSigma}
E = \ln \frac{I_0}{I} = \frac{\sigma \cdot d}{k_BT} \cdot p.
\end{equation}
In Gl. \ref{eqSigma} ist \(E\) die Extinktion der Strahlung durch die Probe, \(I_0\) gleich der Intensität der Strahlung nach dem Durchlaufen einer Küvette (Gaszelle), die die Probe nicht enthält; \(I\) ist die Intensität nach dem Durchlaufen der probehaltigen Küvette; \(d\) ist die optische Weglänge in der Gaszelle.
Bei Messungen in der Gasphase ist es nämlich üblich, das Lambert-Beersche Gesetz auf den Partialdruck statt auf die Konzentration zu beziehen; aus dem allgemeinen Gasgesetz \(pV = nRT \) folgt \(c = \frac{n}{V} = \frac{p}{RT} \); der Absorptionskoeffizient wird außerdem auf das Einzelmolekül bezogen und mit \(\sigma\) bezeichnet; er heißt dann Absorptionsquerschnitt, der üblicherweise in der Einheit \({\rm cm^{2}}\) angegeben wird. An die Stelle der Gaskonstanten \(R\) tritt wegen des Bezugs auf das Einzelmolekül die Boltzmann-Konstante \(k = \frac{R}{N_A}\); es wird außerdem der natürliche Logarithmus \(\ln\) statt des dekadischen Logarithmus verwendet.
Gl. \ref{eqSigma} impliziert eine lineare Beziehung zwischen der Extinktion und dem Partialdruck des Gases mit der Proportionalitätskonstanten \(\frac{\sigma \cdot d}{kT} \). Durch Messung der Extinktion bei vorgegebenen Partialdrücken kann eine Kalibriergerade (»Lambert-Beer-Plot«) aufgenommen werden; der unbekannte Partialdruck des Gases in einer Probe kann dann durch Vergleich mit der Kalibrierkurve ermittelt werden.
Das Lambert-Beersche Gesetz gilt auch für die Fläche unter einer Absorptionsbande, also einen ausgedehnten Wellenzahlbereich (Herleitung siehe beispielsweise in Ref. [3]). Dies wird als integrale Extinktion \(E_{\int}\) bezeichnet; es handelt sich dabei um die Größe
\begin{equation}
E_{\int} = \int_{\tilde{\nu}}^{\tilde{\nu}'} \left(\ln \frac{I_0}{I}\right) \diff \tilde{\nu}.
\end{equation}
Die Einheit der integralen Extinktion ist \(\rm{cm^{-1}}\).
Das Infrarot-Absorptionsspektrum von \(\ce{CO2}\)
\(\ce{CO2}\) weist drei Normalschwingungen auf [1]:
Der vollständige Schwingungszustand des Moleküls wird durch die Gruppe (\(\nu_1,\,\nu_2,\,\nu_3\)) angegeben; beispielsweise ist der schwingungslose Grundzustand durch (0, 0, 0) charakterisiert; die gleichzeitige Anregung von \(\nu_1\) mit einem Schwingungsquant und \(\nu_2\) mit zwei Schwingungsquanten durch (1, 2, 0).
Von den Normalschwingungen sind nur \(\nu_2\) und \(\nu_3\) infrarotaktiv, da die Schwingung \(\nu_1\) nicht zu einer Änderung des Dipolmomentes führt. Beachten Sie, dass \(\nu_1 \approx 2 \cdot \nu_2\).
Im Infrarot-Absorptionsspektrum können Banden entsprechend den Übergängen (\(0,\,0,\,0))\;\to\;(0, 1,\, 0\)) und (\(0,\,0,\,0)\;\to\;(0, 0, 1\)) unmittelbar beobachtet werden (vgl. Abb. 1). Zusätzlich findet man im Bereich um \(3700\;\rm { cm^{-1}}\) weitere Absorptionsbanden, die sich aus Kombinationsschwingungen von \(\nu_3 + \nu_1\) sowie \(\nu_3 + 2 \cdot \nu_2 \) ergeben. Da \(\nu_1 \approx 2 \cdot \nu_2\), wechselwirken unter den gegebenen Symmetrieverhältnissen die entsprechenden Übergänge miteinander (Kopplung durch Fermi-Resonanz). Bei der Kopplung der beiden Zustände entsteht eine Linearkombinationen der Zustände \((1,\,0,\,1)\) und \((0,\,2,\,1)\).
Für das Nachfolgende ist aber nur die (\(0,\,0,\,0)\;\to\;(0, 0, 1\))-Bande relevant, die wegen der ausschließlichen Beteiligung von \(\nu_3\) am vibrationell angeregten Zustand auch als \(\nu_3\)-Bande bezeichnet wird. Nur diese \(\nu_3\)-Bande wird in den experimentell beobachteten Spektren nicht durch die Anwesenheit anderer Moleküle im Strahlengang, insbesondere gasförmiges Wasser, gestört.
Durchführung
Die Messungen werden an einem kommerziellen Fourier-Transform-Infrarot-Spektrometer (Shimadzu IR-Affinity) durchgeführt. Die spektrale Auflösung beträgt ca. \(0,5\;{\rm cm^{-1}}\). Für Messungen gasförmiger Proben verfügt das Gerät über eine 5 cm lange Gaszelle, die beidseitig durch Kaliumbromid (KBr)-Fenster abgeschlossen ist und durch zwei seitlich angebrachte Ventile mit Gas gefüllt bzw. abgepumpt werden kann. Alle Spektren werden als Untergrundspektren aufgenommen, die Ermittlung von \(\ln \frac{I_0}{I}\) wird nachfolgend mit einer Datenanalyse-Software wie Igor Pro ausgeführt.
Zur Herstellung von Proben mit unterschiedlichem \(\ce{CO2}\)-Gehalt wird einer Druckdose mit Hilfe eines Nadelventils \(\ce{CO2}\) entnommen und bei Messung des Drucks in einen zuvor evakuierten Kolben überführt. Das Ventil zur Druckdose wird geschlossen und der Kolben wird mit Luft gefüllt. Hierdurch entsteht eine Luftprobe mit eingestelltem \(\ce{CO2}\)-Partialdruck. Danach erfolgt die Überführung des \(\ce{CO2}\)-Luft-Gemisches in die Gaszelle.
Für die Messungen werden \(\ce{CO2}\)-Partialdrücke von 20 mbar bis 90 mbar in 10-mbar-Schritten verwendet. Man erhält auf diese Weise die Extinktion bei 8 verschiedenen \(\ce{CO2}\)-Partialdrücken. Aus den sich hieraus ergebenden Spektren kann eine Kalibrierkurve erstellt werden.
Nach Abschluss der Kalibrierspektren-Messungen wird die Zelle mit ausgeatmeter Atemluft befüllt. Wegen der Feuchtigkeitsempfindlichkeit der KBr-Fenster muss die Atemluft vor der Überführung in die Gaszelle getrocknet werden. Hierzu wird sie durch eine mit Silicagel-Trockenmittel gefüllte Waschflasche geleitet, in einer zweiten Waschflasche gespeichert und dann über ein Ventil in die Gaszelle eingelassen.
Ein Versuchsteilnehmer pustet also in einen Schlauch, der mit der ersten Waschflasche verbunden ist und atmet langsam und kräftig aus. Der Zuleitungsschlauch zur ersten Waschflasche muss bei der Versuchsdurchführung aus hygienischen Gründen zwingend mit einem frischen Mundstück versehen sein.
Die Zelle wird evakuiert und das Infrarot-Spektrum wird erneut aufgenommen. Dieses Spektrum zeigt die Absorption durch \(\ce{CO2}\) im Strahlengang des Spektrometers; das Spektrometer ist nämlich luftgefüllt, so dass sich auch hier eine Schwächung der Infrarot-Strahlung durch \(\ce{CO2}\) einstellt. Dieses Spektrum wird im Folgenden als Leerspektrum bezeichnet.
Das Leerspektrum ist in der Abb. 2 gezeigt.
Auswertung
Die Rohdaten der einzelnen Spektren mit variablen \(\ce{CO2}\)-Partialdrücken werden als Textdatei abgespeichert und mit Hilfe einer geeigneten Datenanalyse-Software (Igor Pro) Fourier-transformiert, so dass die Transmission als Funktion der Wellenzahl gezeigt wird.
Die Spektren werden auf denselben Lichtfluss normiert; dieser unterscheidet sich in den einzelnen Spektren geringfügig voneinander (Instabilitäten in der Lichtquelle). Dabei dient das Leerspektrum als Referenz. Alle anderen Spektren werden mit einem Faktor multipliziert, so dass der Lichtfluss in der Umgebung der \(\nu_3\)-Bande gleich ist. Der Faktor ist nur geringfügig von Eins verschieden. Die Normierung wird für alle Spektren, einschließlich der Atemluftspektren, durchgeführt.
Abb. 3 zeigt die Transmission bei einem Partialdruck von \(p_{\ce{CO2}}=60\;{\rm mbar}\); beachten Sie, dass die Transmission im Bereich der \(\nu_3\)-Bande deutlich erkennbar abgenommen hat, weil das zusätzlich im Strahlengang befindliche \(\ce{CO2}\) zur Lichtschwächung beiträgt.
Jedes der auf den Lichtfluss normierten erzeugten Infrarot-Spektren wird durch das Leerspektrum dividiert. Nachfolgend wird dieses dividierte Spektrum logarithmiert. Für \(p=60\;{\rm mbar}\) ergibt sich das in der Abb. 3 gezeigte Spektrum im Bereich 500-4000 \(\rm{cm^{-1}}\).
Für alle in dieser Art bearbeiteten Spektren wird die Fläche unter dem Spektrum im Bereich \(2280\;{\rm cm^{-1}} < \nu < 2390\;{\rm cm^{-1}} \) berechnet. Bei dieser Fläche handelt es sich um die integrale Extinktion der \(\nu_3\)-Bande von \(\ce{CO2}\).
Falls Sie hierzu das Programm Igor verwenden und Ihr Spektrum spec1 heißt, lautet der Befehl zum Berechnen und Ausgeben der Fläche:
print area(spec1, 2280, 2390)
Erstellen Sie nachfolgend eine Tabelle, in die die integrale Extinktion zusammen mit dem jeweiligen Druck eingetragen ist.
Erstellen Sie (z.B. mit Igor) eine Abbildung, die die integrale Extinktion als Funktion des \(\ce{CO2}\)-Partialdruckes dargestellt ist. Führen Sie eine lineare Regression (»line fit«) der Daten aus. Dies liefert die Kalibrierkurve zur Messung des \(\ce{CO2}\)-Partialdruckes in Atemluft. Die Abbildung sollte ungefähr wie folgt aussehen (Abb. 5):
Die Extinktion durch die Atemluft wird in die Kalibrierkurve eingetragen und der entsprechende Partialdruck an \(\ce{CO2}\) wird an der Abszisse abgelesen. Diese Bestimmung des \(\ce{CO2}\)-Gehaltes der Atemluft wird für alle Teilnehmer an dem Praktikumsversuch durchgeführt. Hinweis: Der \(\ce{CO2}\)-Gehalt der Atemluft hängt sehr stark davon ab, wie langsam ausgeatmet wird. Resultate von Testmessungen sind in der Abb. 6 gezeigt:
Da der Luftdruck ungefähr 1000 mbar beträgt, kann der prozentuale Anteil an \(\ce{CO2}\) in Atemluft auf einfache Weise berechnet werden.
Literatur
[1] P. E. Martin, E. F. Barker, The Infrared Absorption Spectrum of Carbon Dioxide, Phys. Rev. 41, 291–303 (1932).