\(\newcommand{\diff}{{\rm d}}\) \(\newcommand{\pdiff}{{\partial}}\) \(\newcommand{\ohm}{\Omega}\) \(\newcommand{\Ohm}{\Omega}\)

Physikalisch-Chemische Praktika


K14 Gasviskosität

Aufgabenstellung

  1. Experimentelle Bestimmung der dynamischen Viskosität \(\eta\) der Gase Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlendioxid in der Einheit \({\rm \mu Pa \cdot s}\) bei Raumtemperatur.
  2. Ermittlung der mittleren freien Weglänge \(\lambda\) der Gasmoleküle in der Einheit \({\rm nm}\) aus der dynamischen Viskosität.

1    Theoretische Grundlagen

Viskosität.– Unter der Viskosität verstehen wir das Widerstreben eines Fluids (Flüssigkeit oder Gas) gegenüber einer makroskopischen inneren Bewegung. Sie tritt in Erscheinung beispielsweise bei Rührvorgängen, beim Transport des Fluids durch Rohre sowie beim Transport eines Körpers durch das Fluid und ist daher technisch von sehr hoher Bedeutung. Der vorliegende Versuch befasst sich mit der Viskosität von Gases; die Viskosität von Flüssigkeiten wird in Versuch K13 experimentell bestimmt.
Molekularer Impulstransport.– Die Abb. K14-1 zeigt ein Fluid zwischen zwei Wänden des Abstandes \(L\), von denen sich die eine unter dem Einfluss einer Kraft \(F\) mit der Geschwindigkeit \(v\) in \(x\)-Richtung bewegt; die andere Wand ist in Ruhe.

Abbildung K14-1: Bewegung eines Fluids zwischen einer stationären und einer mit der Geschwindigkeit \(v\) bewegten Wand. An beiden Wänden hat das Fluid keine Relativgeschwindigkeit zur Wand. Daraus folgt, dass ihre Geschwindigkeit \(v_x\) in y-Richtung nach unten abnimmt. Es findet ein Impulsübertrag aus den der bewegten Wand näher gelegenen Fluid-Schichten zu weiter entfernten Schichten statt (Modifiziert nach Ref. [1]).

Die Kraft \(F\), die notwendig ist, um die Wand mit der Geschwindigkeit \(v_x\) in \(x\)-Richtung zu bewegen, ist proportional zu ihrer Fläche \(A\). Eine Kraft \(F\) ist definiert ist als zeitliche Änderung eines Impulses \(p\):
\[ F = \dot{p} = \frac{\diff p}{\diff t}, \] somit entspricht \(\frac{F}{A} = \frac{1}{A} \cdot \frac{\diff p}{\diff t}\) dem auf die Fläche \(A\) bezogenen Impulsübertrag aus der bewegten Wand in das mitbewegte Fluid (wenn kein Impulstransport stattfände, könnte sich das Fluid nicht mitbewegen; die gesamte Kraft \(F\) wird ausschließlich zum Impulsübertrag in das Fluid verwendet).
Für den Impulstransport aus der bewegten Wand in das Fluid gilt das Fließgesetz: \begin{equation} \label{eqFliessgesetz} \frac{1}{A} \cdot \frac{\diff p}{\diff t} = \eta \cdot \frac{\diff v_x}{\diff y}. \end{equation}
Der auf die Fläche bezogene Impulsübertrag \(\diff p\) je Zeiteinheit \(\diff t\) ist proportional zur Änderung der Geschwindigkeit \(v_x\) senkrecht zur Bewegungsrichtung der Wand, also in das Fluid hinein (entlang \(y\) in Abb. K14-1).
Der Proportionalitätsfaktor \(\eta\) in Gl. \ref{eqFliessgesetz} wird als Viskosität bezeichnet. Die SI-Einheit der Viskosität ergibt sich durch Auflösen nach \(\eta\) zu \[ \left[\eta\right] = \frac{\rm kg}{\rm m \cdot s} = \frac{\rm N \cdot s}{\rm m^2} = {\rm Pa \cdot s}. \]
Bei Strömungen ist der Bereich des laminaren und des turbulenten Flusses zu unterscheiden. Bei einem laminaren Fluss strömt das Medium (das Fluid) in Schichten, die sich nicht vermischen. Der Geschwindigkeitsvektor einer Schicht weist keine Komponente senkrecht zur Strömungsrichtung auf, so dass alle Schichten parallel aneinander entlanggleiten. Bei turbulenten Strömungen finden Durchmischungsprozesse und Wirbelbildung statt. Laminare Strömungen sind mathematisch mit einfachen Mitteln zu beschreiben, die in Lehrbüchern der Strömungsmechanik festgehalten sind. [1]

Als praktische Einheit der dynamischen Viskosität wird bei Gasen \({\rm \mu Pa \cdot s} \) verwendet; typische Werte liegen in der Größenordnung \(10\;\mu{\rm Pa}\).

Kapillarviskosimetrie.– Die Messung der Viskosität eines Fluids wird als Viskosimetrie bezeichnet; die entsprechenden Geräte nennt man Viskosimeter (engl. viscometer). Wegen der hohen verfahrenstechnischen Bedeutung der Viskosität gibt es eine Vielzahl von Messverfahren.

Kapillarviskosimeter beruhen auf der Messung der Durchflusszeit eines Volumens des Fluids durch eine Kapillare. Sie beruht auf einer Anwendung des Hagen-Poiseuillesche Gesetzes:
\begin{equation} \label{eqHagenPoiseuille} \Delta p = \eta \cdot \frac{8 \, L }{\pi \, r^4 } \cdot \frac{\Delta V}{\Delta t } \end {equation} \(\Delta V\) ist das Volumen des Fluids, das in der Zeit \(\Delta t\) ein Kapillarrohr der Länge \(L\) mit dem Radius \(r\) durchströmt. Beachten Sie, dass \(r\) zur vierten Potenz in die Gleichung eingeht!
Aufgelöst nach der dynamischen Viskosität \(\eta\) folgt: \[ \eta = (p_1 - p_2) \cdot \frac{\pi \, r^4 }{8 \, L } \cdot \frac{\Delta t}{\Delta V}. \] \(p_1\): Druck des Gases beim Eintritt in das Rohr;
\(p_2\): Druck des Gases beim Austritt aus dem Rohr.
Für Gase als kompressible Fluide nimmt das Hagen-Poiseuillesche Gesetz eine besondere Form an.
Sei \(\Delta N\) gleich der Teilchenzahl, die im Zeitintervall \(\Delta t\) transportiert wird, und \(\nu = \frac{\Delta N}{\Delta V}\), dann ist \[ \frac{\nu}{\Delta N} = \frac{\Delta N}{\Delta V \cdot \Delta N} = \frac{1}{\Delta V}, \] also \begin{equation} \label{eqFK1} \eta = \frac{\pi \, \left(p_1 - p_2\right)\cdot \, r^4 }{8 \, L } \cdot \nu \cdot \frac{\Delta t}{\Delta N}. \end{equation} Im Gegensatz zu Flüssigkeiten ist die Teilchenzahldichte \(\nu\) bei einem Gas druckabhängig (ideales Gasgesetz: \(pV = N k_B T \) und \(\nu = \frac{p}{k_B T} \)).
Die Teilchenzahldichte \(\nu\) und der ihr proportionale Druck \(p\) nehmen längs der Rohres linear ab. Die mittlere Teilchenzahldichte ist gleich dem arithmetischen Mittel aus der Teilchenzahldichte \(\nu_1\) am Eintrittsort und \(\nu_2\) am Austrittsort: \[ \nu = \frac{\nu_1 + \nu_2}{2}, \] und daher \[ \eta = \frac{\pi \, \left(p_1 - p_2\right)\cdot \, r^4 }{8 \, L } \cdot \frac{\nu_1 + \nu_2}{2} \cdot \frac{\Delta t}{\Delta N}. \] Die im Zeitintervall \(\Delta t\) in das Rohr einströmende Teilchenzahl \(\Delta N\) ist gleich der Teilchenzahldichte \(\nu_1 \cdot \Delta V\), so dass \[ \eta = \frac{\pi \, \left(p_1 - p_2\right)\cdot \, r^4 }{8 \, L } \cdot \frac{\nu_1 + \nu_2}{2} \cdot \frac{\Delta t}{\nu_1 \Delta V}. \]
Da sich die Teilchenzahldichten wie die Drücke verhalten, also \(\frac{\nu_1}{\nu_2}=\frac{p_1}{p_2}\), kann man die dimensionslose Größe \( \frac{\nu_1 + \nu_2}{n_1} \) durch die ebenfalls dimensionslose Größe \( \frac{p_1 + p_2}{ p_1} \) ersetzen.

Das Hagen-Poiseuillesche Gesetz lautet für Gase:

\begin{equation} \label{eqHagenPoiseuille_FK} \eta = \frac{\pi \, \left(p_1 - p_2\right)\cdot \, r^4 }{8 \, L } \cdot \frac{(p_1 + p_2)}{2 p_1} \cdot \frac{\Delta t}{ \Delta V}. \end {equation}

Hierin ist \(p_1\) der Druck des Gases am Eintrittsort in das Kapillarrohr und \(p_2\) der durch eine Vakuumpumpe erzeugte Druck am Austrittsort des Gases aus dem Rohr. Im Inneren des Rohres nimmt der Gasdruck linear von \(p_1\) auf \(p_2\) ab.

Temperaturabhängigkeit der Viskosität.- Aus der kinetischen Gastheorie lässt sich herleiten, das sich die Viskosität eines Gases mit \(\sqrt{T}\) ändert. In der Realität ist der Einfluss der Temperatur komplizierter; er wird in der Sutherland-Gleichung wie folgt angegeben:

\begin{equation} \label {eqSutherland} \eta = \eta\,' \; \left(\frac{T}{T'}\right)^{3/2} \cdot \frac{T' + C}{T + C}. \end{equation}

Hier ist \(\eta\,'\) die bekannte Viskosität eines Gases bei der Temperatur \(T'\), \(T\) ist die Temperatur, bei der die Viskosität \(\eta\) ermittelt werden soll (beides in Kelvin), und \(S\) ist eine Konstante, die für Wasserstoff, Kohlendioxid und Sauerstoff die folgenden Werte annimmt: \(C(\ce{O2}) = 115.97\;{\rm K}\); \(C(\ce{H2}) = 38.60 \;{\rm K}\); \(C(\ce{CO2}) = 204.55 \;{\rm K}\). [2]

Einfluss des hydrostatischen Drucks der Wassersäule.– Der Gasdruck \(p_1\) aus Gl. \ref{eqHagenPoiseuille_FK}, unter dem das Gas in die Kapillare strömt, ist nicht genau gleich dem Außendruck \(p_0\), weil die aufsteigende Wassersäule einen hydrostatischen Druck \(p_h\) erzeugt, der zusammen mit dem Gas-Restdruck \(p_1\) gleich dem Außendruck \(p_0\) ist: \(p_h + p_1 = p_0\). Der hydrostatische Druck der Wassersäule ergibt sich aus der Dichte \(\rho\) von Wasser, der Schwerebeschleunigung \(g\) und der Höhe \(h\) der Säule: \[ p_h = \rho \cdot g \cdot h. \] Daher ist \[ p_1 = p_0 - \rho \cdot g \cdot h. \] Während des Anstieges ändert sich der hydrostatische Druck, der für Wasser je cm einen Wert von 1 mbar aufweist. Zur Datenauswertung nutzen wir den mittleren hydrostatischen Druck; dieser errechnet sich aus der halben insgesamten Steighöhe.
Beträgt also zum Beispiel die gesamte Steighöhe 20 cm, so ist der hydrostatische Druck, um den der Außendruck vermindert werden muss, gleich 10 mbar. Beträgt der Außendruck \(p_0 = 1015\;{\rm mbar}\), so muss in diesem Beispiel in Gl. \ref{eqHagenPoiseuille_FK} \(p_1 = 1005\;{\rm mbar}\) gesetzt werden.
Gaskinetische Analyse
Die experimentell ermittelte Viskosität eines Gases lässt sich mit Größen in Zusammenhang bringen, die in der gaskinetischen Theorie auftreten. In der Gaskinetik treten insbesondere die folgenden Größen auf, die in Lehrbüchern der Physikalischen Chemie näher erklärt werden. [3]
Die mittlere Geschwindigkeit (genauer: die Wurzel aus dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat) \(\bar{u}\) der Atome oder Moleküle eines Gases mit der Masse \(m\) bei der Temperatur \(T\) ergibt sich aus der Theorie zu \begin{equation} \label {eqGasKinMittlGeschw} \bar{u} = \sqrt{\frac{8\,k_B\,T}{\pi \; m}}, \end{equation} worin \(k_B = \frac{R}{N_A}\) die Boltzmann-Konstante darstellt.
Für die mittlere freie Weglänge \(\lambda\) eines kugelförmig gedachten Moleküls in einem gaserfüllten Raum mit dem Druck \(p\) liefert die Theorie den Ausdruck
\begin{equation} \label {eqLambda} \lambda = \frac{2\,k_B\,T}{\bar{u}\,m\,p} \cdot \eta \end{equation}
Hieraus lässt sich die mittlere freie Weglänge bestimmen.

Ausführung

Der experimentelle Aufbau ist eine Modifikation des Aufbaus in [4]. Er ist in der Abb. K14-2 gezeigt. Ein Kapillarrohr (Kapillardurchmesser \(d=(250 \pm 5) \;\mu {\rm m}\)) ist ausgangsseitig über ein Absperrventil und ein Kreuzstück mit einer Vakuumpumpe (einstufige Membranpumpe Vacuubrand MD 1C, Saugvermögen 1.3 \({\rm m^3/h}\), nomineller Enddruck 2 mbar) und eingangsseitig mit einem Messrohr verbunden, das in ein mit Wasser gefülltes Vorratsgefäß eintaucht. Mit Hilfe der Saugpumpe wird ein Unterdruck erzeugt, so dass das Wasser aus dem Vorratsgefäß in das Messrohr aufsteigt. Das Messrohr weist eine Skalierung auf, mit deren Hilfe das Volumen des in das Rohr aufgestiegenen Wassers bestimmt werden kann. Die Steiggeschwindigkeit des Wassers in das Rohr ist durch die Strömungsgeschwindigkeit des verwendeten Messgases in der Kapillare (Hagen-Poiseuillesches Gesetz, Gl. \ref{eqHagenPoiseuille_FK}) begrenzt.

Abb. K14-2: Experimenteller Aufbau zum Versuch K-14. Erläuterungen siehe Text.


Der Außendruck und die Umgebungstemperatur werden mit Hilfe eines Kombinationsgerätes (Greisinger Hygro-/ Thermo-/ Barometer GFTB 200) gemessen und notiert.
Der ausgangsseitige Druck wird mittels einer zweiten Druckmessstelle gemessen und notiert.
Zwischen der Saugpumpe und dem Kapillarrohr befindet sich ein Kreuzstück mit vier Absperrventilen, an die angeschlossen sind:

Praktische Vorgehensweise
Halten Sie ferner eine Stoppuhr bereit; Sie können hierzu Ihr Mobiltelefon nutzen, wenn es über eine Stoppuhr-Funktion verfügt.
  1. Notieren Sie den Kapillarradius der von Ihnen verwendeten Kapillare; er ist auf der Kapillare notiert.
  2. Notieren Sie zu Beginn der Messung den aktuellen Luftdruck und die Umgebungstemperatur mit Hilfe des Greisinger GFTB 200.
  3. Schließen Sie das Absperrventil zur ausgangsseitigen Druckmessstelle. Verbinden Sie mit Unterstützung des Laborassistenten das Probegas (beginnen Sie mit Sauerstoff) und lassen Sie das Gas 5 Minuten bei ausgeschalteter Vakuumpumpe durch die Kapillare und das Messrohr in das mit Wasser gefüllte Vorratsgefäß strömen. Dadurch wird das im Messsystem enthaltene Gas vollständig durch das aktuelle Probegas ersetzt.
  4. Schalten Sie die Pumpe ein und öffnen Sie das Absperrventil zum Messsystem. Der Druck auf der Pumpseite erniedrigt sich binnen weniger Sekunden auf ca. 70 mbar. Lesen Sie den Druck an der Druckmessstelle ab und notieren Sie ihn.
  5. Sobald die Vakuumpumpe angeschlossen ist, beginnt das Wasser in das Messrohr zu steigen. Messen Sie jeweils die Zeit, innerhalb deren das Wasser um 50 mL im Rohr angestiegen ist. Sie erhalten auf diese Weise ca. 10 Zahlenwerte für die Steigzeiten.
  6. Schließen Sie das Absperrventil zwischen dem Messrohr und der Kapillare, damit das Wasser nicht in die Kapillare eindringt.
  7. Messen Sie die Höhe zwischen der Wasseroberfläche im Vorratsgefäß und dem oberen Ende der Wassersäule im Messrohr.
  8. Gehen Sie zum nächsten Probegas über und verwenden Sie Kohlendioxid. Sicherheitshinweis: es sollte stets vermieden werden, Sauerstoff und Wasserstoff unmittelbar nacheinander zu messen (warum?).

Datenanalyse
  1. Tragen Sie die verstrichene Zeit als Funktion des Volumens des in das Messrohr aufgestiegenen Wassers graphisch auf (Einheiten: Sekunde und Milliliter). Sie sollten eine Graphik ähnlich wie in Abb. K14-3 erhalten, in der Ergebnisse für alle genutzten Gase eingetragen sind.

    Abb. K14-3: Messpunkte und Ausgleichsgeraden für die Gase Wasserstoff, Kohlendioxid und Sauerstoff. Man erkennt, dass offenbar die Zeit zum Einströmen von jeweils 50 mL Wasser in das Messrohr notiert wurde (die Messpunkte liegen bei 100 mL, 150 mL, 200 mL etc.). Da wir nur an der Steigung \(m = \frac{\Delta t}{\Delta V}\) interessiert sind, ist der Nullpunkt der Zeitskala nicht von Interesse.

  2. Bestimmen Sie die Steigung \(m = \frac{\Delta t}{\Delta V}\) und die Standardabweichung der Steigung aus den aufgetragenen Daten. Rechnen Sie beide Größen in SI-Einheiten (\( \frac{\rm s}{\rm m^3} \)) um; dies entspricht einer Multiplikation mit der Zahl \(10^{6}\), da \(10^6\,{\rm mL} = 1\,{\rm m^3}\).
  3. Nutzen Sie das Hagen-Poiseullesche Gesetz in der in Gl. \ref{eqHagenPoiseuille_FK} gegebenen Form zur Bestimmung der Viskosität des vermessenen Gases. In der Gleichung sind alle Größen in SI-Einheiten zu verwenden. Im einzelnen ist
    • \(p_1\): Der um den mittleren Staudruck der Wassersäule korrigierte Außendruck;
    • \(p_2\): Der saugseitige Pumpenvordruck;
    • \(\frac{\Delta t}{\Delta V}\): die von Ihnen zuvor bestimmte Steigung;
    • \(L\): die Länge der Kapillare: \(L= (250 \pm 1) \; {\rm mm} \).

    Die Viskosität ergibt sich zunächst in ihrer SI-Einheit (\({\rm Pa \cdot s} \)); sie ist in der Einheit \(\mu {\rm Pa \cdot s}\) anzugeben.
  4. Tragen Sie Ihre Ergebnisse bzgl. aller gemessenen Gase in dieselbe Abbildung ein, so dass Sie eine Graphik ähnlich Abb. K14-3 erhalten.
  5. Nutzen Sie Tabelle 1, die Literaturwerte der Viskosität von Wasserstoff, Kohlendioxid und Sauerstoff bei der Temperatur \(T=296.1\;{\rm K}\) enthält:

    Tabelle 1: Literaturwerte der Viskosität [5]
    \(T=296.1\;{\rm K}\)
    GasartViskosität [\(\mu{\rm Pa \cdot s} \)]
    Wasserstoff8.88
    Kohlendioxid14.76
    Sauerstoff20.49

    Berechnen Sie aus den Werten der Tab. 1 die Sollwerte für die Viskosität der verwendeten Gase bei Ihrer Messtemperatur durch Nutzung der Sutherland-Gleichung (Gl. \ref{eqSutherland}).
  6. Fertigen Sie eine Tabelle an, die die folgenden Spalten enthalten soll:
    1. Gasart,
    2. Literaturwert der Viskosität,
    3. auf Ihre Messtemperatur umgerechneter Literaturwert der Viskosität,
    4. Ihre aus den Messungen ermittelte Gasviskosität \(\eta\) einschließlich des absoluten Fehlers \(\Delta \eta\),
    5. prozentuale Abweichung Ihres Wertes vom umgerechneten Literaturwert.
    Orientieren Sie sich hinsichtlich des Stils Ihrer Tabelle an Tab. 1 in dieser Skripte.
  7. Berechnen Sie nach Gl. \ref{eqLambda} die mittlere freie Weglänge der verwendeten Gase unter Nutzung der von Ihnen ermittelten Viskosität \(\eta\) beim Druck \(p_1\) (korrigierter Außendruck), sowie bei einem Druck von 1 mbar und von \(10^{-6}\) mbar; verwenden Sie jeweils die von Ihnen gemessene Umgebungstemperatur. Stellen Sie diese in einer weiteren Tabelle dar. Achten Sie generell auf ein gleichartiges Erscheinungsbild aller Tabellen.
  8. Angenommen, eine würfelförmige Vakuumkammer mit der Kantenlänge \(L=1\;{\rm m}\) weise einen Sauerstoff-Gasdruck von \(p=10^{-6}\;{\rm mbar}\) auf (Hochvakuum). Ist \(\lambda\) in diesem Fall größer oder kleiner als die Kantenlänge des Rezipienten? Überwiegen in diesem Fall Stöße der Gasmoleküle mit der Wand, oder intermolekulare Stöße?
Fehleranalyse
In den statistischen Messfehler der Zielgröße \(\eta\) gehen ein die Fehler von:
  1. \(\Delta p_1 = 2\;{\rm mbar}\);
  2. \(\Delta p_2 = 2\;{\rm mbar}\);
  3. \(\Delta L = 1\;{\rm mm}\);
  4. \(\Delta r\): auf der Kapillare angegeben;
  5. \(\Delta m = \Delta \frac{\Delta t}{\Delta V}\): die Standardabweichung der von Ihnen ermittelten Steigung.
Dann ist
\begin{equation} \label{eqFehlerrechnung} \Delta \eta = \sqrt{ \left(\frac{\pdiff \eta}{\pdiff p_1} \cdot \Delta p_1 \right)^2 + \left(\frac{\pdiff \eta}{\pdiff p_2} \cdot \Delta p_2 \right)^2 + \left(\frac{\pdiff \eta}{\pdiff r} \cdot \Delta r \right)^2 + \left(\frac{\pdiff \eta}{\pdiff L} \cdot \Delta L \right)^2+ \left(\frac{\pdiff \eta}{\pdiff \frac{\Delta t}{\Delta V}} \cdot \Delta \frac{\Delta t}{\Delta V}\right)^2 }. \end{equation}
Zur Auswertung müssen Sie die partiellen Ableitungen von \(\eta\) nach den angebenen fehlerbehafteten Größen entsprechend Gl. \ref{eqHagenPoiseuille_FK} bilden; beispielsweise ist \[ \frac{\pdiff \eta}{\pdiff r} = r^3 \cdot \frac{\pi \, \left(p_1 - p_2\right) }{2 \, L } \cdot \frac{p_1 + p_2}{2 p_1} \cdot \frac{\Delta t}{ \Delta V}. \] Ermitteln Sie entsprechend alle Fehler und setzen Sie die Werte in die Gl. \ref{eqFehlerrechnung} ein. Berechnen Sie hieraus den Gesamtfehler, den Sie in Ihre Wertetabelle (siehe oben) eintragen.


Literatur
  • [1] M. Kraume, Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik, Springer-Verlag, Berlin und Heidelberg 2012.
  • [2] H. L. Johnston u. E. R. Grilly, J. Phys. Chem 46, 948-963 (1942).
  • [3] G.M. Barrow, Physikalische Chemie Teil 1: Einführung in die Gastheorie, Quantentheorie, Thermodynamik, Bohmann-Verlag, Wien, 1978.
  • [4] H.-D. Försterling u. H. Kuhn, Praxis der Physikalischen Chemie, VCH Verlagsgesellschaft, Weinheim 1991.
  • [5] Johnston, H. L., and McCloskey, K. E., J. Phys. Chem. 44, 1038-1058 (1940).

Autoren und Revisionen:
  1. Erstversion: R. Swiderski u. R. Flesch (2024/03)