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Aufgabenstellung
Messung der Steighöhe von Flüssigkeiten (Wasser, Ethanol) und Flüssigkeitsgemischen (Ethanol/Wasser) in Kapillaren mit unterschiedlichem Durchmesser (d= 250 µm und 500 µm).
Bestimmung der Oberflächenspannung der Flüssigkeiten und Flüssigkeitsgemische aus den ermittelten Steighöhen.
Vergleich mit Literaturwerten.
Theoretische Grundlagen [1]
Oberflächenspannung
Eine Flüssigkeit in einem Behältnis (zum Beispiel in einem Becherglas) weist eine Grenzfläche Flüssigkeit/Luft auf, die wir als ihre Oberfläche bezeichnen. An der Oberfläche einer Flüssigkeit wirken auf die Moleküle der Flüssigkeit andere Kräfte als in ihrem Inneren. Es treten als Folgeerscheinung Phänomene auf, die im Inneren der Flüssigkeit nicht in Erscheinung treten. Dies ist in der Abb. T13-1 gezeigt.
Die Flüssigkeit wird durch intermolekulare attraktive Wechselwirkungen zusammengehalten, die auch als Kohäsionskräfte bezeichnet werden. Im Inneren der Flüssigkeit kompensieren sich die an einem Molekül allseitig wirksamen Kohäsionskräfte. An der Oberfläche ist dies aber nicht der Fall, so dass eine in das Innere der Flüssigkeit gerichtete Kraft auftritt. Diese Kraft ist für viele Phänomene, die an Flüssigkeiten beobachtet werden (bespielsweise Tropfenbildung), von größter Bedeutung.
Da die Teilchen in der Nähe der Oberfläche energiereicher sind als die Teilchen im Inneren der Flüssigkeit, muss zur Vergrößerung der Oberfläche Kraft aufgewendet werden. Dies ist in der Abb. T13–2 gezeigt.
Die von einem U-förmigen Draht und einem Bügel der Länge \(b\) umschlossene Oberfläche (z.B. Seifenwasser) kann vergrößert werden, in dem der Bügel um eine Strecke \(\Delta S\) nach unten gezogen wird. Hierzu ist eine Kraft \(F\) notwendig. Dabei werden zwei Oberflächen vergrößert (Vorder- und Rückseite). \(F\) hängt von der Breite \(b\) des Bügels ab; ist \(b\) doppelt so groß, so ist auch die Kraft doppelt so groß (da nun die Vergrößerung der Oberfläche doppelt so groß ist). Die Kraft ist also proportional zu \(b\) (der Faktor 2 stammt aus der Tatsache, dass 2 Oberflächen vergrößert werden):
\[
F = \sigma \cdot 2 \cdot b.
\]
Die Proportionalitätskonstante \[\sigma = \frac{F}{b}\] wird als Oberflächenspannung bezeichnet; sie hat die SI-Einheit \(\frac{\rm N}{\rm m}\). Eine längenbezogene Kraft wird in der Physik als Spannung bezeichnet.
Die von oberflächennahen Molekülen zusätzlich ausgeübte, in das Innere der Flüssigkeit gerichtete Kraft wird, auf die Fläche bezogen als Kohäsionsdruck bezeichnet.
Gekrümmte Oberflächen
An einer gekrümmten Oberfläche treten zusätzliche Kräfte auf, die aus der Oberflächenspannung stammen und bei einer ebenen Oberfläche nicht in Erscheinung treten (vgl. Abb. T13-3).
Ist die Oberfläche eben (Abb. T13-3 links), dann wirken auf ein Molekül in der Oberfläche seitwärts (lateral) nach allen Seiten gleich große Kräfte, die sich folglich ausgleichen.
Bei einer konvex gekrümmten Oberfläche (Abb. T13-3 Mitte) liefern die an einem Molekül wirksamen Kräfte insgesamt eine nach dem Inneren der Flüssigkeit gerichtete Komponente, die den Kohäsionsdruck vergrößert. Man erkennt in Abb. T13-3 Mitte, dass ein größerer Teil der Wirkungssphäre oberhalb der Flüssigkeit liegt als in Abb. T13-3 links, so dass sich die Kraftwirkung ins Innere der Flüssigkeit im Vergleich zu einer ebenen Oberfläche vergrößert.
Bei einer konkav gekrümmten Oberfläche ergibt sich umgekehrt eine Kraft, die aus der Flüssigkeit heraus gerichtet ist (Abb. T13-3 rechts).
Bei gekrümmten Oberflächen liefert die Oberflächenspannung demnach eine zusätzliche, zum Krümmungsmittelpunkt hin gerichtete Kraft, die bei ebenen Oberflächen nicht auftritt. Es ist von entscheidender Bedeutung, einzusehen, dass der zusätzliche Kohäsionsdruck allein aus der Krümmung der Oberfläche stammt.
Für eine kugelförmige Oberfläche beträgt der Kohäsionsdruck (Young-Laplace-Gleichung):
\begin{equation} \label{eqYoungLaplace}
p = \frac{2 \sigma}{r'}
\end{equation}
Hierin ist \(r'\) der Krümmungsradius der Oberfläche.
In einer Seifenblase herrscht Überdruck.– Wegen der Oberflächenspannung nimmt eine ansonsten kräftefreie Seifenblase Kugelgestalt an (geringste Oberfläche bei gegebenem Volumen). Die Oberfläche ist also konvex gekrümmt, und der Kohäsionsdruck wirkt nach innen. Da die Seifenblase zwei Oberflächen hat, beträgt ihr Überdruck:
\[
p = \frac{4}{r} \cdot \sigma.
\]
Hierin ist \(p\) der zusätzliche Druck. Nutzen Sie diese Gleichung zum Lösen der Zusatzaufgabe 1.
Kapillarität
Taucht man eine Glaskapillare (Durchmesser einige 100 µm) in Wasser, dann steigt das Wasser von selbst einige cm in der Kapillare auf. Bei einer Kapillare mit dem Durchmesser d=250 µm ist der Endzustand bei Raumtemperatur bei einer Höhe von 11,87 cm erreicht. Der Anstieg wird ausschließlich durch die konkave Krümmung der Oberfläche der Wassersäule in der Kapillare entsprechend Gl. \ref{eqYoungLaplace} verursacht. Dies ist der Abb. T13-4 gezeigt. Der Krümmungsmittelpunkt liegt für Wasser über der Oberfläche, so dass der Kohäsionsdruck nach oben wirkt. Im Gegensatz dazu ist die Oberfläche von Quecksilber in einer Glaskapillare konvex gekrümmt, so dass der Krümmungsmittelpunkt unter der Oberfläche liegt; Quecksilber sinkt daher in einer Kapillare nach unten ab. Flüssigkeiten mit einer konkaven Oberfläche bezeichnet man als benetzend, solche mit einer konvexen Oberfläche als nicht benetzend. Bei einer Flüssigkeit, an deren Oberfläche keine Krümmung auftritt, würde die Säule in der Kapillare weder steigen noch absinken.
Wie kommt die Krümmung der Oberfläche zustande? Grenzt eine Flüssigkeit an einen festen Körper (Gefäßwand!) an, so wirken auf die Flüssigkeitsmoleküle an der Wandung zwei Kräfte (vgl. Abb. T13-5): \(\vec{P}\) (in die Wand hinein, Adhäsionskraft) und \(\vec{Q}\) (unter \(45^{0}\) bezogen auf die Wand in die Flüssigkeit hinein, Kohäsionskraft). Beide Kräfte bilden als vektorielle Größen eine Resultierende \(\vec{R}\). Die Richtungen von \(\vec{P}\) und \(\vec{Q}\) liegen damit fest, so dass die Richtung von \(\vec{R}\) nur von den Beträgen \(|P|\) und \(|Q|\) abhängt. Die Flüssigkeitsoberfläche muss sich nach den Gesetzen der Hydrostatik so einstellen, dass die Tangente auf den letzten Punkt der Oberfläche (Ort von \(M\) in Abb. T13-5) senkrecht auf \(\vec{R}\) steht. Damit legen \(|P|\) und \(|Q|\) auch die Gestalt der Oberfläche der Flüssigkeit fest. Die Gestalt der Oberfläche wird also vom Zusammenwirken der Adhäsions- und Kohäsionskräfte bestimmt. Wenn \(\vec{R}\) durch die Summation von \(\vec{P}\) und \(\vec{Q}\) in die Wandung hineinzeigt, dann ergibt sich eine konkave Oberflächengestalt; dies ist im Fall der Abb. T13-5 der Fall. Dagegen ergibt sich eine konvexe Oberfläche, wenn \(\vec{R}\) in die Flüssigkeit zeigt. Dies ist beispielsweise in der Abb. T13-4 (rechts) der Fall.
Weiterführende geometrische Analyse: der Krümmungsradius \(r'\) einer benetzenden Flüssigkeit (konkave Oberfläche) ergibt sich geometrisch aus dem Schnittpunkt \(O\) der Normalen an die gekrümmte Oberfläche (also der Normalen auf die Tangentialflächen, vgl. Abb. T13-6). Auf diesen Punkt \(O\) oberhalb der Flüssigkeit ist der Kohäsionsdruck gemäß der Young-Laplace-Gl. \ref{eqYoungLaplace} gerichtet. Daher steigt die Flüssigkeit in der Kapillare gegen die Schwerkraft bis zu einer Höhe \(h_{max}\) an, bei der der Kohäsionsdruck \(\frac{2 \sigma}{r'}\) gerade durch den Schweredruck \( h_{max} \cdot \rho \cdot g \) der Flüssigkeitssäule des Radius \(r\) (Radius der Kapillare) kompensiert wird; \(\rho\) ist die Dichte der Flüssigkeit und \(g\) ist die Schwerebeschleunigung.
Zwischen \(r\) und \(r'\) besteht geometrisch der Zusammenhang: \(r' = \frac{r}{\cos \varphi} \), wobei \(\varphi\) der Randwinkel zwischen der Tangente an den letzten Punkt der Flüssigkeitsoberfläche und der Glaswandung ist (vgl. das rechtwinklige Dreieck mit der Hypotenuse \(r'\), der Ankathete \(r\) und dem Winkel \(\varphi\) zwischen \(r'\) und \(r\) in Abb. T13-6).
Bei einer vollständig benetzenden Flüssigkeit (Grenzfläche Reinstwasser/sauberes Glas) ist der Randwinkel näherungsweise \(\varphi = 0\) und damit \(\cos \varphi = 1\) und \(r=r'\). Damit kann in Gl. \ref{eqYoungLaplace} der Krümmungsradius \(r'\) der gewölbten Oberfläche durch den Radius \(r\) der Kapillare ersetzt werden: es gilt demnach in diesem Fall:
\[
p = \frac{2 \sigma}{r}.
\]
Für die vollständig benetzende Flüssigkeit lautet die Gleichgewichtsbedingung Kohäsionsdruck = Schweredruck also:
\[
\frac{2 \sigma}{r} = h_{max} \cdot \rho \cdot g
\]
Diese Gleichung können wir nach der Oberflächenspannung \(\sigma\) auflösen und erhalten:
\begin {equation} \label{eqSigma}
\sigma = \frac{\rho \cdot g \cdot r \cdot h_{max}}{2}
\end{equation}
Damit kann die Oberflächenspannung \(\sigma\) einer Flüssigkeit aus der Steighöhe \(h_{max}\) ermittelt werden, wenn ihre Dichte \(\rho\) und der Radius der Kapillare bekannt sind.
Die Steighöhe \(h_{max}\) bezieht sich streng genommen auf den Scheitelpunkt der konkav gekrümmten Oberfläche, der auch als Meniskus bezeichnet wird. Wir sind aber mit den Mitteln des Praktikumsversuches nicht in der Lage, die Krümmung der Oberfläche zu beobachten.
Durchführung
Chemikalien:
Ethanol 99,8%
Reinstwasser (Millipore)
Ethylenglykol p.A.
Benötigte Materialien und Geräte:
3 Glasschalen (d=8 cm, h=4.5 cm),
2 Bechergläser 100 mL zum Befüllen der Glasschalen,
Vollpipetten 5, 20 und 50 mL,
Messpipetten 1 und 2 mL,
1 Peleusball,
1 Pipettenpumpe,
3 Uhrgläser (d=10cm),
Stativ (Grundplatte, Stativstange 40 cm, Doppelkreuzmuffe),
Fahrschlitten mit Stange, zur Befestigung von Kapillare und Lineal,
Lineal mit 0,5-mm-Skalierung,
Laborboy zum Aufsetzen der Glasschalen
Jeweils 5 Kapillaren, d=250 µm (grün markiert) und d=500 µm (rot markiert)
Eppendorf-Einkanalpipette 10-50µL mit Gummischlauch-Verbindungsstück (2 cm)
Waage, Genauigkeit ±100 mg
Lupe zum Ablesen des Lineals
Tischlampe
Wandthermometer, digital
Schlitzschraubendreher (zum Nachziehen der Verschraubung des Fahrschlittens)
Praktische Durchführung
Die praktische Messung besteht in der Bestimmung der Säulenhöhe \(h_{max}\) in Kapillaren des Durchmessers \(d=250\;\mu {\rm m}\) (grün markiert) und \(d=500\;\mu {\rm m}\) (rot markiert). Die folgende Arbeitsvorschrift gilt für alle verwendeten Flüssigkeiten (Wasser, Ethanol, Ethanol/Wasser-Gemische). Die Vorgehensweise wird exemplarisch für Wasser gezeigt.
Arbeitsvorschrift
Notieren Sie die Raumtemperatur.
Füllen Sie ein sauberes Becherglas (100 mL) mit Reinstwasser.
Füllen Sie dann etwa soviel Reinstwasser aus dem Becherglas in eine Glasschale, dass die Füllhöhe ungefähr 1 cm beträgt.
Drehen Sie den Fahrschlitten 1 (vgl. Abb. T13-7), an dem das Lineal und die Kapillarhalterung 2angebracht sind, mit Hilfe der Stellräder 3 bis zum Anschlag nach oben. Achten Sie darauf, dass das Lineal fest am Fahrschlitten angeschraubt ist.
Nun befestigen Sie den Fahrschlitten so am Stativ, dass die mit Reinstwasser befüllte Glasschale darunter auf dem Laborboy platziert werden kann (vgl. Abb. T13-7) und das Lineal mittig über dem Flüssigkeitsgemisch positioniert ist. Der Abstand der Unterkante des Lineals von der Flüssigkeitsoberfläche sollte ca. 4 cm betragen.
Die Kapillare wird durch Hineindrücken in die Kapillarenhalterung 2 befestigt. Die Kapillare wird so befestigt, dass das untere Ende der Kapillare ungefähr 1 cm oberhalb der Unterkante des Lineals positioniert ist. Dabei darf die Kapillare nicht an den Öffnungen mit den Fingern berührt werden. Die Kapillare wird zunächst in die obere der beiden Halteklemmen gedrückt und erst danach in die untere Halteklemme. Zur Befestigung (Einklicken) ist ein gewisser Kraftaufwand erforderlich. Halten Sie am besten beim Einklicken sowohl das Lineal als auch die Kapillare fest.
Lineal und Kapillare werden mithilfe der Stellräder 3 abgesenkt, bis die Unterkante des Lineals genau an der Oberfläche der Lösung platziert ist. Um mit dem bloßen Auge gut bestimmen zu können, wann das Lineal die Oberfläche berührt, verfolgt man beim Herunterfahren des Lineals nicht nur das Lineal selbst, sondern auch sein Spiegelbild auf der Wasseroberfläche (vgl. Abb. T13-8). Beim Herunterdrehen nähern sich das Lineal und sein Spiegelbild einander an; das Lineal ist dann in Kontakt mit der Oberfläche, wenn sich Lineal und Spiegelbild gerade berühren.
Das Spiegelbild des Lineals wird im Tageslicht (Fenster) beobachtet, nicht mittels einer Lampe. Wenn man das Lineal an dem Stativ herunterfährt, sollte die Tischlampe daher ausgeschaltet sein, da sonst die Spiegelung des Lineals kaum zu sehen ist. Erst beim Ablesen der Höhe am befestigten Lineal sollte die Lampe eingeschaltet sein.
Warten Sie, bis die Flüssigkeitsoberfläche zur Ruhe gekommen ist.
Das Saugvolumen der Eppendorf-Pipette wird auf 40 µL eingestellt und die Pipette wird bei gedrücktem Saugknopf mit Hilfe des Verbindungsschlauchstückes an die Kapillare angeschlossen.
Sobald die Eppendorf-Pipette und die Kapillare über das Gummi-Verbindungsstück miteinander verbunden sind (wichtig: dabei die ganze Zeit die Eppendorf-Pipette gedrückt halten), wird die Kapillare händisch (nicht am Stellrad 3, sonst ändert sich die vertikale Position des Lineals!) nach unten geführt und in das Wasser eingetaucht. Dabei darf die Verbindung zur Eppendorf-Pipette nicht abreißen. Die Kapillare sollte ungefähr einen halben Zentimeter in die Flüssigkeit eintauchen. Jetzt dürfen Sie den Knopf loslassen und die Flüssigkeitssäule sollte in die Kapillare steigen. Aufgrund des eingestellten Volumens der Pipette wird die Flüssigkeitssäule einen höheren Füllstand aufweisen, als durch Gl. \ref{eqSigma} gegeben ist.
Lassen Sie die Flüssigkeitssäule der 250–µL-Kapillare mit Hilfe der Eppendorf-Pipette auf ungefähr die folgenden Werte steigen:
Wasser, d=250 : 13 cm,
Wasser, d=500 : 7 cm,
Ethanol, d=250 : 6 cm,
Ethanol, d=500 : 4 cm.
Ethanol/Wasser–Gemische: wie Wasser.
Trennen Sie nach dem Erreichen der genannten Füllstände vorsichtig, aber zügig das Verbindungsstück von der Kapillare. Die Wassersäule in der Kapillare sinkt ab, bis die Gleichgewichts-Höhe \(h_{max}\) erreicht ist. Nach ca. 30 Sekunden ändert sich der Füllstand in der Kapillare nicht mehr.
Lesen Sie nach Einstellung des Gleichgewichtes mit Hilfe einer Lupe am Lineal den Füllstand ab (vgl. Abb. T13-9). Achten Sie auf parallaxenfreies Ablesen. Notieren Sie den abgelesenen Wert auf \(\pm\) 0,25 mm genau. Alternativ kann die Säulenhöhe in der Kapillare auch fotographisch festgehalten werden. Die Kamera muss parallel zum Lineal gehalten werden und das obere Ende der Säule muss im Mittelpunkt des Bildes liegen. Eine Fotografie hat den Vorteil, dass die Messergebnisse anhand der Fotos dokumentiert sind und dass die Säulenhöhe durch eine vergrößerte Ansicht des Fotos präziser abgelesen werden kann.
Messung mit reinem Ethanol
Es wird gerade so vorgegangen wie bei der Messung mit reinem Wasser. Nahezu wasserfreies Ethanol wird zur Verfügung gestellt.
Herstellung der Ethanol/Wasser-Gemische
Es werden fünf Mischungen hergestellt. Hierzu wird eine Waage verwendet (Genauigkeit \( \Delta m = \pm 100\;{\rm mg}\)). Eine Glasschale wird auf die Waage gestellt, tariert und nachfolgend mit 50 mL Wasser aus einer Vollpipette befüllt. Die Masse der eingefüllten Wassermenge wird mit der Waage bestimmt (es sind nicht genau 50 g, weil die Dichte von Wasser temperaturabhängig ist).
Es werden diesen 50 mL Wasser nacheinander die folgenden Volumina Ethanol hinzugefügt, jeweils sorgfältig die Masse der Mischung bestimmt und die Steighöhe der Mischung mittels der oben angegebenen Vorschrift in einer 250-µL- und in einer 500-µL-Kapillare gemessen: 1 mL, 3 mL, 4 mL, 17 mL, 20 mL. Insgesamt haben Sie derselben Wasserportion( 50 mL \(\ce{H2O}\)) 45 mL Ethanol hinzugefügt. Die Messung der jeweiligen Steighöhe erfolgt wie oben beschrieben.
Reinigung der Kapillaren
Nach jeder Messung muss die in der verwendeten Kapillare vorhandene Flüssigkeit vollständig entfernt werden, bevor sie für eine weitere Messung verwendet wird. Hierzu wird Helium verwendet, das unter hohem Druck (ca. 5 bar) durch die Kapillare gepresst wird. Lassen Sie sich vom zuständigen Assistenten in die Handhabung einweisen.
Auswertung
Die Oberflächenspannung einer Flüssigkeit lässt sich aus der Säulenhöhe durch Anwendung der Gl. \ref{eqSigma} bestimmen.
\begin {equation*}
\sigma = \frac{\rho \cdot g \cdot r \cdot h_{max}}{2}
\end{equation*}
In diese Gleichung gehen die folgenden Größen als Parameter ein:
Die Dichte \(\rho\) der Flüssigkeit. Diese ist temperaturabhängig; die folgenden Zahlenwertgleichungen können zur Bestimmung der Dichte in g/L bei der Temperatur \(\vartheta\) in \(^0{\rm C}\) verwendet werden:
Ethanol/Wasser-Mischungen: verwenden Sie die Daten der Tab. 1 aus Khattab et. al. (2012).[2] Dort ist die experimentell ermittelte Dichte \(\rho\) für unterschiedliche Molenbrüche an Ethanol in einer Ethanol/Wassermischung tabelliert. Ermitteln Sie den Molenbruch \(n(\ce{CH3CH2OH}) \) der von Ihnen hergestellten Mischungen aus den Massen und ermitteln nachfolgend die Dichte bei der gemessenen Raumtemperatur durch lineare Interpolation der Daten aus der genannten Publikation.
Schwerebeschleunigung \(g\): es kann der Standardwert \(g=9,810\;{\rm m/s}\) verwendet werden. Korrekturen durch Berücksichtigung des geographischen Breitengrades und der Höhe sind nicht erforderlich.
Radius \(r = d/2\); der Radius ist gleich dem halben Durchmesser \(d\) der Kapillare. Die Toleranz des Durchmessers beträgt \(\pm 10\;{\rm \mu m}\).
Die experimentell ermittelte Säulenhöhe in der Kapillare wird zur Ermittlung der Oberflächenspannung in Gl. \ref{eqSigma} unter Verwendung der oben genannten Parameter eingesetzt.
Aufgabe: Erstellen Sie eine Tabelle, die die folgenden Spalten aufweist:
Massen-% EtOH
Mol-% EtOH
Steighöhe (mm)
\(\sigma\) [mN/m]
In die Tabelle sind für steigende Ethanol-Konzentration alle Messungen einzutragen, also auch die Messungen für reines Wasser (0% Ethanol) und reines Ethanol.
Aufgabe: Fertigen Sie ferner eine Abbildung an, die als Abszisse (x-Achse) den Molenbruch von Ethanol von 0 % (Wasser) bis 100% (reines Ethanol) verwendet; auf der Ordinate (y-Achse) wird die Oberflächenspannung in der Einheit mN/m aufgetragen.
Fehleranalyse
Gehen Sie aus von Gl. \ref{eqSigma}. Bilden Sie die partiellen Ableitungen von \(\sigma\) nach \(r\) und \(\rho\) und berechnen Sie die partiellen Fehler, die sich daraus insgesamt ergeben, gemäß
\begin {equation}
\Delta \sigma = \sqrt{ \left(\frac{\partial \sigma}{\partial r} \cdot \Delta r\right)^2 + \left( \frac{\partial \sigma}{\partial h_{\rm max}} \cdot \Delta h_{\rm max}\right)^2 }.
\end {equation}
Die Fehler in \(\rho\) und \(g\) können vernachlässigt werden.
Zusatzaufgaben
Wie groß ist der Überdruck im Inneren einer kleinen Seifenblase (\(\sigma = 20\;\frac{\rm mN}{\rm m} \)) mit dem Durchmesser \(d=1\;{\rm mm}\)?
Warum senken bereits geringe Menge an Detergentien die Oberflächenspannung von Wasser sehr stark herab?
Literatur
[1]
H. Gobrecht, Bergmann\(\;\cdot\;\)Schaefer Lehrbuch der Experimentalphysik, Band 1: Mechanik\(\;\cdot\;\) Akustik\(\;\cdot\;\)Wärme, de Gruyter, Berlin 1990.
[2]
I. Khattab, F. Bandarkar, M. Fakhree und A. Jouyban, Korean J. Chem. Eng.29(6), 812–817 (2012).